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veröffentlicht am 28.11.2019
"Dafür gebe ich 100 Prozent"
Sportehrentag. Renée Stein ist Sportlerin des Jahres.

Es ist eine fest verinnerlichter Ablauf. Eine Art Morgenroutine. Ein Gefühl der Sicherheit entsteht. Renée Stein brauch diese Prozedur, damit sie ihre Konzentration ins Endlose steigert, den Fokus auf den Kampf, den Gegner und ihre Taktik legt. „Ich hatte richtige Feeling“, berichtete Stein freudestrahlend. Dieses Gefühl hat sie zur Silbermedaille bei den Junioren-Europameisterschaft getragen. Dabei vertraute die Karateka in der Kategorie Kumite U16 bis 47 Kilogramm Körpergewicht von Beginn ihrer passiven Kampfweise. Lange wägte sie ihre Konkurrenz in Sicherheit, um dann überfallartig mit Schlägen, Hebeln und Würfen das Kampfgeschehen zu dominieren. Im ersten Kampf hatte sie gegen Elizabeth O` Brien aus England keine Probleme. Nachdem sie mit dem Arm den Bauch ihrer Gegner traf, folgte ein spektakulärer Fußfeger – 4:0. Ein Auftakt nach Maß. Stein war im Tunnel, ihre Form stimmte. Gegen Irene Kontoy aus Zypern führte sie nach einen Bauchtreffer schnell mit 1:0. In der Folge bewegte sie sich clever, fast schon wie ein alter Hase. Sie vermied gefährliche Vorstöße, machte keine Fehler und wehrte alle Angriffsversuche der Zypriotin ab. Ob im Viertelfinal gegen die Türkin Muserref Özdemir (3:0) oder im Halbfinale gegen die aus Portugal angereiste Lea Barros, Stein blieb ihrer Linie treu. Die Gegnerinnen griffen vergebens an, traumwandlerisch sicher blockte sie Schlag um Schlag, um Sekunden später zumeist per Faustschlag den Vorsprung auszubauen. Als Stein den 2:0-Sieg im Halbfinale über die Zeit gebracht hatte, umarmte sie ihr Trainer Tim Millner und den heraneilenden Bundestrainer Klaus Bitsch. Es kullerten Freudentränen. Ohne Gegentreffer stand Stein im Finale. Ihr Ziel, der Gewinn der Europameisterschaft war zum Greifen nah. Diesen Traum verschriftliche Stein am Tag der Anreise auf einem in der Halle positionierten Banner. „Mein Traum ist es Europameisterin zu werden, dafür gebe ich 100 Prozent“, war für 40 deutsche Anhänger zu lesen, die Stein im Finale gegen die fünf Zentimeter größere Margot Soullier lautstark unterstützen. Aber es half nichts. Erst war die Französin besser. Und dann das noch. Als Stein sich beim Stand von 0:4 aufrappelte und aktiver wurde, kam Soullier Unterstützung von den Unparteiischen. Eine Tritt in Richtung Kopf wurde als Treffer gewertet, weil Stein ihren Kopf wegbewegte. Ein Treffer war nicht zu sehen. Eine Fehlentscheidung. „Somit war der Kampf entschieden“, erzählte Stein, die nach dem 3:7-Finalniederlage niedergeschlagen war. Erst als sie bei der Siegerehrung die Medaille, um den Hals gehangen bekam, realisierte ihre Leistung und es hutschte ein Lächeln über ihre Lippen.
Das macht Renée Stein so stark…
…die Unterstützung. Ursula Rauschenberg, die Schulleiterin der Südringgauschule in Herleshausen, unterrichte am Montagmorgen mit einer Durchsage die Schülerin über den Erfolg von Renée. Sie ließ verlauten, dass Sie sehr stolz auf das Ausnahmetalent ist und sie Renée stets mit allen Mitteln unterstützen wird. „Wir sind froh, dass die Schule Renée zu keiner Zeit Steine in den Weg gelegt hat“, freut sich Mutter Mara.
…der Trainer. Karate-Bundestrainer Klaus Bitsch (55) hat schon viele Nachwuchstalente zu Weltklasse-Athleten geformt. Zuletzt Tamara Lotz, die nach ihrer Deutschen Meisterschaft im Jahr 2017 zu Sportlerin des Jahres im Werra-Meißner Kreis gewählt wurde. „Ich sehe schon bei einem Achtjährigen, ob sie was draufhaben“, erzählte Bitsch, der vor allem Steins Cleverness, Konzentrationsfähigkeit und Kampfintelligenz lobte. Auf die weitere Zusammenarbeit mit Stein freut er sich sehr: „Sie hat jetzt schon eingeschlagen wie eine Bombe.“
…die Disziplin. „Wenn andere Kinder chillen, dann ist Renée meist noch auf den Beine“, erzählte Mutter Mara. Fünfmal die Woche wird im 28 Kilometer entfernten Bundesstützpunkt in Waltershausen trainiert. Ausnahmsweise lässt sie im Mai den Youth-League Wettkampf im Limassol (Zypern) sausen, am gleichen Tag hat sie Konfirmation.
…der Anker. Ohne ihren Bruder Dorian (16) wurde Renée jetzt vielleicht noch Fußball spielen. „Mit ihm bin ich als vierjährige immer nach Waltershausen gefahren und dann wollte ich irgendwann mal selbst mitmachen“, so Renée, die noch heute mit ihrem Bruder trainiert. „In Sachen Dehnung ist Renée mir um einiges voraus“, scherzte Dorian, der im letzten Jahr selbst deutscher Meister geworden.
…die Motivation. Die Finalniederlage wurmt Renée. Sie hasst es zu verlieren, will immer besser werden. So arbeitete sie mit ihrem Trainer akribisch die Fehler auf, schaute sich immer wieder die Videosequenzen des Finals an. Das kurzfristige Ziel von Renée ist die Weltmeisterschaften im Oktober in Santiago de Chile. Schon jetzt träumt sie von Olympia 2024 in Paris oder 2028 in Los Angeles.
Text: Marvin Heinz.
Foto: Privat.
Das macht Renée Stein so stark…
…die Unterstützung. Ursula Rauschenberg, die Schulleiterin der Südringgauschule in Herleshausen, unterrichte am Montagmorgen mit einer Durchsage die Schülerin über den Erfolg von Renée. Sie ließ verlauten, dass Sie sehr stolz auf das Ausnahmetalent ist und sie Renée stets mit allen Mitteln unterstützen wird. „Wir sind froh, dass die Schule Renée zu keiner Zeit Steine in den Weg gelegt hat“, freut sich Mutter Mara.
…der Trainer. Karate-Bundestrainer Klaus Bitsch (55) hat schon viele Nachwuchstalente zu Weltklasse-Athleten geformt. Zuletzt Tamara Lotz, die nach ihrer Deutschen Meisterschaft im Jahr 2017 zu Sportlerin des Jahres im Werra-Meißner Kreis gewählt wurde. „Ich sehe schon bei einem Achtjährigen, ob sie was draufhaben“, erzählte Bitsch, der vor allem Steins Cleverness, Konzentrationsfähigkeit und Kampfintelligenz lobte. Auf die weitere Zusammenarbeit mit Stein freut er sich sehr: „Sie hat jetzt schon eingeschlagen wie eine Bombe.“
…die Disziplin. „Wenn andere Kinder chillen, dann ist Renée meist noch auf den Beine“, erzählte Mutter Mara. Fünfmal die Woche wird im 28 Kilometer entfernten Bundesstützpunkt in Waltershausen trainiert. Ausnahmsweise lässt sie im Mai den Youth-League Wettkampf im Limassol (Zypern) sausen, am gleichen Tag hat sie Konfirmation.
…der Anker. Ohne ihren Bruder Dorian (16) wurde Renée jetzt vielleicht noch Fußball spielen. „Mit ihm bin ich als vierjährige immer nach Waltershausen gefahren und dann wollte ich irgendwann mal selbst mitmachen“, so Renée, die noch heute mit ihrem Bruder trainiert. „In Sachen Dehnung ist Renée mir um einiges voraus“, scherzte Dorian, der im letzten Jahr selbst deutscher Meister geworden.
…die Motivation. Die Finalniederlage wurmt Renée. Sie hasst es zu verlieren, will immer besser werden. So arbeitete sie mit ihrem Trainer akribisch die Fehler auf, schaute sich immer wieder die Videosequenzen des Finals an. Das kurzfristige Ziel von Renée ist die Weltmeisterschaften im Oktober in Santiago de Chile. Schon jetzt träumt sie von Olympia 2024 in Paris oder 2028 in Los Angeles.
Text: Marvin Heinz.
Foto: Privat.